[Weltweit umadum]

„Ich hatte als junge Frau null Affinität zur Technik. Definitiv null“, sagt Martha Mühlburger. Heute ist sie Dipl. Ing. Dr. mont., Vizerektorin für Finanzen und Infrastruktur der Montanuniversität in Leoben sowie Leiterin des Außeninstituts und Geschäftsführerin des universitären Gründerzentrums. Ihre Karriere legt sie einem gewissen Pragmatismus zugrunde, den sie den Menschen in Osttirol zuschreibt, wo ihre Wurzeln liegen. Und was ihr besonders am Herzen liegt: Junge Frauen für technische Berufe zu begeistern.

Dr. Martha Mühlburger spricht von „hardcore-technischen Fächern“ an ihrer Uni – „Bergbau, Metallurgie, Werkstoffwissenschaften, Kunststofftechnik, Industrielogistik, Ressourcenmanagement und all diese Dinge …“ Ein sehr männerlastiger Bereich, dabei wisse man doch, wie günstig das sei, wenn in gemischten Teams gearbeitet würde. „Die weibliche Perspektive in der Arbeit ist schon sehr, sehr wichtig“, ist sie auch persönlich überzeugt. Und so versucht sie, viele junge Frauen für ein Studium in Leoben zu begeistern. Mit Erfolg: Die Uni weist einen Anteil an weiblichen Studierenden auf, der knapp unter 30 Prozent liegt. Das sei ein sehr guter Wert unter den technischen Universitäten, weiß Dr. Mühlburger.

Neue Technik für eine bessere Welt

„Viele Frauen gehen ausgetrampelte Pfade. Sie haben einfach keinen Begriff von der Vielfalt der Technik. Vielleicht waren Mathe und Physik nicht ihre Lieblingsfächer und sie wissen nicht, was man damit tun kann und welche interessanten Perspektiven es in den technischen Jobs gibt“, erklärt Dr. Mühlburger. Denn: An der Montanuniversität entsprechen die Studienfächer zunehmend den Werten junger Menschen. Es geht unter anderem um den sorgsamen Ressourceneinsatz und Circular Economy, um sogenannte Smart Materials und Produktion, um Energieeffizienz, um Nachhaltigkeit und ums Klima.

Virgen bleibt die Heimat

Der Faden zu Osttirol bleibt dabei immer gespannt: Immer wieder hat sie mit Unternehmen wie Hella, Durst und Liebherr zu tun, begleitet Projekte, „bis sie auf der Straße sind“. Privat kommt Dr. Mühlburger, seit ihre Eltern gestorben sind, nur noch selten in die Region. Freilich vermisst sie ihre Heimat: „Die Menschen, der Charakter der Menschen, das ist schon ein besonderer Schlag. Und die unendlich schöne Landschaft, all das, was man hier in der Stadt nicht mehr hat“, sagt sie.

Starke Wurzeln

Wenn sie an ihre Kindheit zurückdenkt, erzählt sie von Virgen und der Landwirtschaft der Eltern, Gäste gab’s auch schon. „Da brauchst du jede Hand, als Kind musstest du viel arbeiten.“ Und was sie damals „ned so lustig“ fand, sieht sie heute mit anderen Augen. Man habe eben in jeder Hinsicht pragmatisch gedacht, den Kindern auch viel Freiraum gelassen, mehr, als man ihnen möglicherweise in der Stadt gebe. Überhaupt seien die Menschen durch die Bank direkt und geradlinig, sagt sie. „Sie sind einfach mit den Tagesrealitäten befasst.“ Wenn sie mit ihrer Tochter Sarah „nach Hause“ fährt, stellt sie fest, wie stark die Wurzeln sind, als wäre sie immer hier. „Wenn du kommst, bist einfach da. Dann gehörst dazu.“

Mit Coolness in die große Stadt

Die Geradlinigkeit, der Pragmatismus, habe ihr gerade in den ersten Berufsjahren geholfen. Nach dem Abschluss der Handelsakademie arbeitete sie für eine Anlagenbaufirma in Deutschland. Da habe sie natürlich einen Zugang zur Technik bekommen, dachte, „das schaust du dir jetzt mal an“. Heute wundert sie sich, mit welcher Coolness sie vom kleinen Dorf in die große Stadt im Ruhrgebiet aufgebrochen ist. „Ich glaube, das bringt man auch mit, dass man viel unbelasteter in Dinge hineingeht und sagt, ja mein Gott, was soll denn schon passieren, dann probier‘ ich’s halt.“ Diese Bedenken immer, das sei in der Stadt meist viel stärker. Mit einigen Osttirolern lache sie manchmal darüber, „ja, wird scho werden …“

Doktortitel und Großes Ehrenzeichen

Und es wurde tatsächlich. 1986 trat Dr. Mühlburger als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Montanuniversität Leoben ein. Titel ihrer Doktorarbeit: Flüssigphasensintern von hochfesten Aluminiumlegierungen. Sie wurde gefragt, ob sie bereit sei, den Bereich Kooperation/Wissenschaft zu übernehmen und entsprechend aufzubauen, „und das habe ich dann gemacht“. 2015 erhielt sie das Große Ehrenzeichen für Verdienst um die Republik Österreich. Sie war von Anfang an dabei, als die Universität in die Autonomie entlassen wurde und sich die Montanuniversität Leoben „zu einer Stätte der Lehre und Forschung entwickelte, die einen internationalen Ruf genießt“.

Die Frage nach der Rückkehr nach Osttirol beantwortet die 63-Jährige auch pragmatisch: Grundsätzlich wäre das lange eine Perspektive gewesen, doch nun sind die Tochter, das Enkelkind, die meisten Freunde in Leoben. Das mag sie nicht zurücklassen. Allerdings pflegt sie durchaus den Kontakt zur Schwester und Bekannten, liest im Internet und verfolgt, was im Bezirk Lienz passiert. Es bleibt schließlich die Heimat.


© Dr. Martha Mühlburger


Autorin:
Monika Hoeksema

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