Tirol und Südtirol 1945/46 – zwischen Ende und Anfang. Es sind Einblicke in einen Alltag, der noch keiner ist, in ein Aufräumen und Finden, einem sich Einrichten in ein neues Leben: „Zwischen Hoffnung und Ernüchterung“ heißt die virtuelle Fotoausstellung des „Tiroler Archivs für photographische Dokumentation und Kunst“ (TAP), und sie beleuchtet die Region Mitte des 20. Jahrhunderts – hautnah.

Es war, wie meist überall an Silvester 2020, ein virtueller Knall, mit dem diese Ausstellung online ging. Doch das Echo hallt lange nach. „Bislang ist sie sehr gut angekommen“, sagt Kurator Dr. Martin Kofler zufrieden. Per E-Mail erhielten die Veranstalter bereits viel Lob der historisch interessierten Besucherinnen und Besucher.

Möglichst unbekannte Aufnahmen

Kofler bemühte sich, die Auswahl möglichst breit aufzustellen: Eben nicht allein Tirol und möglichst auch Fotos, die kaum oder nicht bekannt sind. Sie stammen von Institutionen und Vereinen, auch von Privatpersonen. Drei bis vier Monate lang hat Kofler – unterstützt von TAP-Obmann Dr. Richard Piock – an der Auswahl gearbeitet. Die Herausforderung war, die Bilder richtig zuzuordnen „Wir sind auch immer auf die Kenntnisse des jeweiligen Archivars angewiesen“, sagt Kofler.



Die Trümmerfrau, die in die Kamera strahlt 

Und so erhielten vor allem die besonderen Aufnahmen großen Zuspruch. Wichtig seien ihm jedoch weniger die klassischen Motive gewesen, wie beispielsweise Großkundgebungen mit Politikern. „Wichtig waren uns die kleineren Kundgebungen von Sigmundskron über Brixen bis Bruneck. Weil’s regionaler ist, weil’s emotionaler ist.“ Und er schwärmt von der Aufnahme der Innsbrucker Trümmerfrau, die in die Kamera strahlt oder dem Foto, auf dem Menschen im Sommer 1945 am Pragser Wildsee sonnenbaden. „Es musste ja weitergehen“, sagt Kofler, „es musste wieder aufwärts gehen. Und diese langsame Rückkehr zur Normalität ist schon etwas, was mich sehr interessiert, um nicht zu sagen fasziniert hat. Es gibt eben auch einen Hoffnungsschimmer.“  

Laufend Fotos aus Privatbeständen 

Derweil vergrößert sich der Bestand an historischen Fotoaufnahmen beständig. Erst im Herbst 2020, gerade noch vor dem zweiten Corona-Lockdown, brachte ein Ehepaar aus Deutschland Bilder aus Tirol und Südtirol aus den 1950/60er-Jahren. „Spannend“, resümiert Kofler, „dass die Motive nun wieder hierher zurückkommen.“ Am Ende aller Reise- und Besuchsbeschränkungen ist freilich wieder eine richtig begehbare Ausstellung angedacht, vielleicht eine Wanderausstellung, „Themen gibt’s genug“, sagt Kofler, „auch abseits der wichtigen Fragen Tirol/Südtirol 1945/46.“ 

Alte Fotos bewahren und archivieren: Ein Webinar für alle  

Wer sich übrigens dafür interessiert, wie er mit seinen privaten historischen Fotos am besten umgeht, meldet sich am besten für ein Webinar zu dem Thema an. Es richtet sich nicht nur an Chronisten in Tirol und Südtirol, sondern auch an alle Privatpersonen, die ihre historischen Dokumente bewahren wollen. Hierzu können sich Interessierte vom TAP-Projektpartner Tiroler Bildungsforum (www.tiroler-bildungsforum.at) per Newsletter informieren lassen.  

Weitere Informationen:  

www.tiroler-photoarchiv.eu  



© TAP (Tiroler Archiv für photographische Dokumentation und Kunst)


Autorin:
Monika Hoeksema


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