[Weltweit umadum]

Zu Beginn des Studiums träumen viele davon, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist, neben dem Lernen von theoretischen Inhalten auch den Schritt über die österreichischen und vielleicht sogar die europäischen Grenzen hinweg zu wagen. Sich aufzumachen, um auch etwas von der Welt zu sehen. Denn wenn nicht jetzt – wann dann? In der Praxis schiebt man das doch oft auf die lange Bank, dann kommt das eine dazwischen, dann das andere. Und schlussendlich wird oft nichts daraus.

Auch Andreas Aichner aus Strassen in Osttirol hatte diesen Plan. Zum Studium nach Innsbruck, um fleißig zu lernen und den Kopf trotzdem voll mit Plänen und Träumen von der weiten Welt. Ja, und er hat seine Träume auch gelebt. 2006 war es so weit. Die Koffer wurden gepackt und es ging los nach Argentinien. Ein Jahr Studium in Buenos Aires, ein Jahr lernen und die Herausforderungen der fremden Sprache meistern – aber auch ein Jahr voll mit neuen Eindrücken, mit Erlebnissen, die für immer im Kopf bleiben. Das Kennenlernen und das Schließen von Freundschaften in Kombination mit den vielen Reisen in die umliegenden Länder wie Brasilien, Chile, Argentinien, Guatemala und Mexiko sind ganz besondere Erfahrungen, die auf Dauer den eigenen Horizont erweitern und prägen. Einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat auch die „Mission“ zu einer auf 4.000 Meter Höhe gelegenen Bergschule, wo die Studenten eine Woche verbrachten. Sie spielten mit den Kindern, lernten und lachten. Mittlerweile ist Aichner bereits weitere fünf Male als „padrino“ (Pate) dorthin zurückgekehrt. „Den Blick zu schärfen für das wirklich Wichtige im Leben, für das was wirklich zählt – dazu haben meine Aufenthalte in Argentinien sehr viel beigetragen“, meint ein nachdenklicher Andreas.

Spannend war aber natürlich auch das unglaublich pulsierende Leben in Buenos Aires. Für Andreas ist diese Stadt noch immer die schönste Stadt der Welt und eine wunderbare Stadt, um das Leben zu genießen – zumindest, solange man jung und ungebunden bzw. kinderlos ist.

Und wie das Leben so spielt – nicht immer läuft alles nach Plan – es war nämlich auch das Jahr, in dem ihm die Liebe des Lebens begegnete, mehr als 10.000 Kilometer von der Heimat entfernt. Tja, und dort ist sie auch geblieben … damals … 

Zurück in Innsbruck machte sich Andreas erst einmal an seine Diplomarbeit. Aber nicht in Innsbruck. Der Drang, noch mehr von der Welt zu sehen, war einfach zu groß. Diesmal ging es nach Mumbai in Indien. Dort verbrachte der Osttiroler einige Monate, forschte für seine Diplomarbeit und tauchte gleichzeitig in diese wieder gänzlich andere fremde Kultur ein. Indien wird ihm immer in Erinnerung bleiben als ein Land mit ständig freundlichen und sympathischen Menschen. „Die Hilfsbereitschaft der Menschen habe ich dort als unglaublich groß kennengelernt“, erzählt Andreas.  

Das Leben und die Liebe in Argentinien …

Mit dem Studienabschluss in der Tasche fehlt den meisten nur noch der erste Schritt in einen spannenden Job für den neuen Lebensabschnitt. Andreas fehlte aber zusätzlich seine große Liebe, die in Argentinien noch immer auf ihn wartete. Die Koffer waren schnell gepackt und die berufliche Karriere startete zusammen mit dem privaten Glück in Argentinien. Das könnte jetzt schon ein „happy end“ sein – aber das ist es nicht, wenn das Herz auch sehr stark für die Heimat schlägt. Der Entschluss, eine Familie zu gründen hat schlussendlich viel dazu beigetragen, den Schritt zurück in die Heimat zu tun. Buenos Aires ist perfekt für Singles oder kinderlose Paare; die Stadt ist wunderbar, um das Leben zu genießen, man lebt dort einfach im Jetzt und schwimmt mit dem Trubel mit. Aber Buenos Aires ist auch ein teures Pflaster. Politik und Wirtschaft sind relativ instabil, die Straßen oft unsicher. „Ja, vielleicht schwingt hier schlussendlich auch etwas meine österreichische Mentalität und das recht typische Streben nach Sicherheit mit“, schmunzelt Andreas. Spätestens, wenn zum Familienglück die Kinder dazukommen, möchte man diesen die gleiche, schöne, sichere und gesunde Umgebung bieten, die man auch selbst hatte – damals als Kind.

Das war wohl einer der Hauptgründe, weshalb Familie Aichner 2013 wieder nach Österreich, nach Tirol siedelte.

Zurück nach Österreich…

Diesmal war seine große Liebe, Carla, die Mutige, die den Schritt in eine ihr unbekannte Kultur gewagt hat. Die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert war, waren auch für ihr Leben sehr prägend. Das absolvierte Psychologiestudium wurde nicht angerechnet. Das bedeutete, dass sie sich beruflich zur Gänze umorientieren musste. Sie versuchte rasch die deutsche Sprache zu lernen und bereits nach einem halben Jahr fand sie einen Einstiegsjob im Handel. Fernab von ihrer Qualifikation und ihren Interessen – trotzdem, mit Fleiß und Engagement und der ihr eigenen positiven Einstellung schaffte sie einen Auf- und Umstieg. Rückblickend meint Carla, dass ihr Ankommen relativ einfach war und sie sich auch rasch eingelebt hat. Möglicherweise half ihr dabei sehr ihre Mentalität und die generelle Einstellung zum Leben, die geprägt ist von großer Wertschätzung für die „einfachen Dinge“, für Familie, Freunde und Bekannte. Anders betrachtet kann man aber auch sagen, dass ihr Fokus auf den „wirklich wichtigen Dingen des Lebens“ und der Dankbarkeit dafür liegt.

Familie Aichner ist davon überzeugt, dass sie ziemliches Glück hatten: Eine nette Wohnung in Hall in Tirol, einer Stadt, die für die Rückkehr genau gepasst hat, eine Mischung zwischen „Großstadt“ und „Idylle am Land“. Mittlerweile haben sie drei Kinder. Sowohl Andreas als auch Carla haben beruflich sehr gut Fuß gefasst und sind in der Region integriert. Das Flair der zweiten Heimat lässt sie aber doch nicht so einfach los, und so oft wie es sich irgendwie ermöglichen lässt, wird der Urlaub in Argentinien verbracht.

Der Blick in die Zukunft…

Aber es gibt auch einen aktuellen Traum von Andreas und Carla. Ein grundsolider Traum diesmal, der Traum in die Geburtsheimat von Andreas, nach Osttirol, zu ziehen. Auf die letzte Frage, was Osttirol für ihn bedeute, antwortet Andreas: „Für mich ist Osttirol der Inbegriff von Heimat … Heimat nicht nur, weil ich dort aufgewachsen bin, sondern auch Heimat, weil es seinen Ursprung so authentisch bewahrt hat. Mein Traum ist ein Eigenheim für meine Familie in meiner Heimatgemeinde Strassen, und ich hoffe, dass ich diesen in den nächsten Jahren auch verwirklichen kann.“

Wenn man sieht, wie konsequent Andreas seine Träume über die Jahre hinweg umgesetzt hat, dann kann man getrost davon ausgehen, dass Strassen bald um eine große und inspirierende Familie reicher sein wird.

Autorin:
Mag.a Karin Ibovnik

© Andreas Aichner

Teilen: