Osttirol ist … SOZIAL
Wo soll man schon hin, wenn die Wohnung abgebrannt, die Mutter an den Folgen des Brandes verstorben ist. Wenn man beeinträchtigt ist und allein für das Duschen und Telefonieren Unterstützung braucht. Die Lebenshilfe Osttirol wusste Rat – so rasch und beispielhaft, dass Carmen Sieger aus Lienz nach ein paar Monaten wieder positiv in die Zukunft blicken kann.
41 Jahre lang wohnte Carmen zu Hause. Der Vater starb zwei Wochen vor dem Brand, die Mutter kümmerte sich um die teils körperlich, teils geistig beeinträchtigte Frau. Im Oktober brannte die Wohnung ab, ein Heizkissen brannte. Feuerwehr und Rettung konnte die beiden zunächst in Sicherheit bringen. Doch die Mutter kehrte aus dem Krankenhaus nie zurück.
Carmen stand vor dem Nichts.
Arbeiten in der Kunstwerkstatt
Heute, kein halbes Jahr später, sitzt sie in ihrer eigenen Wohnung in der Dr.-Karl-Renner-Straße am Tisch. „Alexa“ spielt Musik. Sie erzählt, dass ihr die virtuelle Assistentin auch Gute-Nacht-Geschichten vorliest, ihr beim Telefonieren hilft – Carmen sieht nicht gut. Und sie weckt Carmen morgens auf. Von Montag bis Freitag hat sie auch viel vor: Sie arbeitet in der Kunstwerkstatt der Lebenshilfe in der Mühlgasse. Wer mag, ist jederzeit eingeladen, die Werke mit Acrylfarben zu besichtigen. Darauf ist sie stolz. Und darauf, dass sie mit dem öffentlichen Bus morgens allein zur Arbeit fährt. Dass Carmen nur wenige Monate nach dem Brand, dem Aufenthalt im Hospital, so selbstbestimmt leben kann, verdankt sie dem sich stetig weiterentwickelten Konzept der Lebenshilfe Tirol.
Entwicklung durch Herausforderung
„Die Rolle der Lebenshilfe hat sich geändert“, sagt Osttirol-Geschäftsführer Thomas Niederwieser. „Unsere Klienten haben Mitspracherecht und sollen dort, wo es möglich ist, autark leben, in einer eigenen Wohnung, inmitten der Gesellschaft.“ Unterstützt werden sie – wo nötig – von Fach- und Diplomsozialbetreuern, Krankenschwestern, Sozialpädagogen, sowie Pädagogen. Gundula Walder ist eine von ihnen. Sie berichtet, wie gut es den Klienten tut, in WGs oder Einzelwohnungen zu leben, je nach Fähigkeiten. „Sie werden selbst aktiv, um ihren Alltag zu bewältigen und entwickeln sich durch die Herausforderungen weiter“, fasst sie zusammen.
Im Sommer an die Adria
„Volle fein“, beschreibt Carmen selbst die Entwicklung in ihrem Leben. Sie liebt es, Besuch zu bekommen und gemeinsam Kaffee zu trinken. Auf die Terrasse und in den Garten scheint schon die Frühlingssonne. Wenn ihr jemand beim Kochen hilft, dann am liebsten für Nudeln mit Tomatensoße. Und Pläne schmiedet sie gern. Als Pferdefan möchte sie wieder einmal selbst im Sattel sitzen und im Sommer geht’s auf jeden Fall nach Portoroz, Badeurlaub an der Adria. Eines ist dabei sicher: Danach kommt sie gern wieder nach Hause zurück. In ihre eigene Wohnung. Mit den netten Nachbarn. In ihrem neuen Leben.
Fragen? Antworten gibt’s unter https://lebenshilfe.tirol/regionalleitung-osttirol/
Autorin:
Monika Hoeksema
© Monika Hoeksema