[Fachtagung]
Florian Volk ist definitiv gekommen, um zu bleiben. Der gebürtige Deutsche ist von Winden im Elztal – einem ca. 2.800 Seelendorf in Baden-Württemberg – aufs Land gezogen. Genauer gesagt nach Virgen in Osttirol. Für ihn und seine Partnerin war dieser Schritt nicht nur privat, sondern auch beruflich der richtige.
Warum bist du von Winden nach Virgen gezogen – vom Land aufs Land sozusagen?
Winden im Elztal ist von der Größe her mit Virgen vergleichbar. Hergezogen bin ich, weil meine Partnerin mit ihren Eltern im Urlaub immer hierhergekommen ist. Sie hat mich dann auch regelmäßig mitgenommen. Über die Jahre haben wir uns einen Freundeskreis aufgebaut.
Wir saßen eines Tages auf der Zunigalm und haben uns unterhalten. Unsere Freunde sagten: „Kommt doch her, zieht doch um – es ist doch schön hier!“ Ich entgegnete: „Ja, schon, aber ich brauche eine Arbeit.“ Dann ist mir eine Zeitung in die Hand gedrückt worden: „Guck‘ mal bei der IDM, die suchen immer Leute.“ Der Gedanke ließ mich nicht los. Wieder zurück in der Ferienwohnung setzte ich mich an meinem Laptop und machte mich schlau, in welchen Bereichen die IDM tätig ist. Ich hatte keine Ahnung – bauen die Flugzeuge, Panzer, U-Boote? Ich hatte noch nie etwas von der Firma gehört. Mein Interesse am Unternehmen war geweckt, aber leider war keine passende Stelle für mich dabei. Trotzdem schickte ich noch am selben Tag eine Individualbewerbung ab. Schon zwei Tage später klingelte das Telefon.
Eine Mitarbeiterin der Firma IDM meldete sich: „Herr Volk, Sie haben sich bei uns beworben – aber Sie kommen doch aus Deutschland. Wie wollen wir denn das mit einem Vorstellungsgespräch machen?“ Das war am Tag vor unserer Abreise und ich sagte einem spontanen Treffen zu. Danach ging es echt schnell. Wir waren im September in Virgen im Urlaub und im November hatte ich meinen Arbeitsvertrag in der Tasche. Die Wohnung in Osttirol haben wir von Deutschland aus gesucht und sind im Jänner in einer Hauruck-Aktion mit unserem Auto mit Anhänger und Dachbox umgezogen. Wir sind vom Schwarzwald – das sind gute acht Stunden Fahrt – drei Mal in einer Woche nach Virgen gefahren.
Rückblickend muss ich sagen, dass meine Partnerin und ich schon zwei Jahre zuvor mit dem Gedanken spielten, von Deutschland ins deutschsprachige Ausland zu ziehen. Ich wollte mich beruflich verändern, um weiterzukommen. In meiner alten Firma gab es keinerlei Aufstiegschancen. Und nur dasitzen und den Schreibtisch verwalten war mir zu wenig.
Hast du die Perspektive in deiner neuen Firma gefunden, die dir gefehlt hat?
Ja, es laufen bereits Fortbildungsmaßnahmen und Führungskräfte-Lehrgänge. Mein jetziger Job ist eine Einstiegsposition. Hier in Osttirol habe ich ganz andere Perspektiven als in Deutschland. Aufgrund des attraktiven Arbeitsumfeldes habe ich auch in Kauf genommen, dass ich in Osttirol Netto weniger verdiene als in meiner alten Heimat.
Welchen Beruf übst du aus?
Meine erste Ausbildung war eine klassische Handwerksausbildung bei einem Sägewerk mit den Tätigkeitsfeldern in Metallkunde, Mechanik und Elektrik. In den anderen Unternehmen, in denen ich danach tätig war, bin ich immer nur die Hilfskraft gewesen. 2009 habe ich die Chance genutzt und im zweiten Bildungsweg eine Fortbildung zur Fachkraft zur Lagerlogistik mit IHK-Abschluss absolviert. Während des Lehrgangs hat ein Dozent gemeint, dass ich auch den Meisterabschluss schaffen könnte. Ich war nicht einmal mit dem Facharbeiter fertig, da habe ich schon mit dem Meister angefangen und beide Ausbildungen parallel gemacht und abgeschlossen. Ich bin geprüfter Logistikmeister. Bei der IDM sind meine Aufgaben als Lager- und Prozessoptimierer in der Logistik vielseitig. Ich erstelle unter Einbindung verschiedenster Abteilungen, wie der Konstruktion und dem Qualitätsmanagement, Prozess- und Arbeitsabläufe und dokumentiere diese. Des Weiteren fungiert meine Position als Schnittstelle zur Arbeitssicherheit, damit in Arbeitsabläufen auch die Themenschwerpunkte „Sicherheit“ und „Ergonomie“ berücksichtigt werden. Ich helfe den beiden Abteilungen Produktion und Logistik deren Abläufe zu koordinieren und zu optimieren. Alles in allem ein sehr spannender Tätigkeitsbereich.
Musstet ihr euch auf etwas Ungewohntes hier in Osttirol umstellen?
Die Sache mit den Öffnungszeiten war gewöhnungsbedürftig. Als Deutscher bist du mit den Ladenöffnungszeiten echt verwöhnt. Man ist es gewöhnt, dass auch im Dorf bis abends um 20 oder sogar 21 Uhr die Geschäfte geöffnet haben. Hier heißt es „Back to the roots!“, um 18 Uhr ist „Schicht im Schacht“!
Ist es hier so, wie ihr es euch vorgestellt habt?
Wir sind ganz bewusst hierhergezogen und hatten nicht die romantische Vorstellung von typischen Deutschen, die nach einem halben Jahr verschreckt wieder abziehen, weil es dann doch nicht so toll ist. Es war uns klar, dass wir hier wohnen, leben und arbeiten und dass es eben nicht ein Dauerurlaub sein wird. Ich vermisse hier nichts. Einkaufstechnisch ist alles da, was man braucht. Es gibt Cafés und Gaststätten, in denen man essen oder sich was mitnehmen kann. Es ist alles da. Die Gegend ist super und die Leute sind recht offen. Man muss halt auch von sich aus auf sie zugehen. Wenn man sich wie der typische Deutsche verhält, ist man der Touri und dementsprechend kommt man auch nicht weiter.
Seid ihr gekommen, um zu bleiben?
Wir sind gekommen, um zu bleiben. Lediglich die jetzige Wohnung ist für uns eine Zwischenstation. Wir suchen eine Eigentumswohnung oder ein Haus, das wir kaufen können. Die derzeitige Preissituation ist zwar schwierig für uns, aber vielleicht schaut es in vier bis fünf Jahren anders aus. Es muss ja nicht jetzt sein, es wäre ein „nice to have“.